WÜNSCHE, TRÄUME UND ZUKÜNFTIGE BAUHERREN
Veröffentlicht: 27. April 2012
Wirkt das räumliche Umfeld wirklich so stark auf die Gefühlswelt des Menschen? Oder anders gefragt: Ändert sich mit dem Raum auch die Stimmung? My home is my castle? Wie der Hund, so das Herrchen? Klar ist zunächst nur: Jeder gestaltet sich sein Umfeld, wie es ihm gefällt. Konventionen existieren dabei nicht wirklich. Die räumliche Artenvielfalt ist groß, und wem sie zu unübersichtlich ist, der besorgt sich einen Fachmann – aber bitteschön den richtigen!
Welcher Raum ist eigentlich Ihr Lieblingsraum? Das Büro, das Auto, das Wohnzimmer oder das Bad? Diese Frage ist sicherlich nicht ganz einfach zu beantworten, und doch ist schon allein der Gedanke an eine mögliche Antwort höchst interessant. Denn zwangsweise muss man sich fragen, was man schön findet an dem ein oder anderen Raum. Sind es die Möbel oder die Materialien? Wirkt eine Sichtbetonoberfläche wirklich so kalt, wie man ihr nachsagt? Muss es immer und überall Holz sein, weil es eine warme Ausstrahlung besitzt? Was stimmt beim Laminat nicht, obwohl es doch aussieht wie Holz? Was finden wir an alten Bauernhäusern so schnuckelig? Und wer zum Teufel will uns permanent weismachen, dass gute Architektur reduziert und mit Flachdach daher kommen muss?
Es gibt unzählige Beispiele guter, und ebenso viele Beispiele weniger guter Architektur und Gestaltung. Aber: Was ist eigentlich gut, und was nicht? Es gibt objektive Kriterien, nach denen man planen und beurteilen kann, wie zum Beispiel die räumliche Organisation, die Systematik der Bereiche, die Wahl der Formen und Oberflächen, die Nutzbarkeit oder natürlich auch die technische Raffinesse, um nur einige zu nennen. Und doch wird jeder Planer zustimmen, dass das Bauen mit und für den Menschen ab und an ganz schön aufwühlend sein kann. Denn Vorstellung, Wunsch und Wirklichkeit klaffen oftmals sehr weit auseinander. Der gute Architekt weiß, dass er nicht gegen, sondern mit dem Bauherren planen muss. Er zeigt dem Häuslebauer auf, wie sich dessen Wünsche in eine gebaute Wirklichkeit umsetzen ließen. Was im Übrigen einen großen Unterschied zu den Fertighaus-Bauunternehmen darstellt, die die Wünsche des Bauherren oft ohne ernsthaftes Hinterfragen umzusetzen versuchen und dabei meist über ihren Standard-Tellerrand nicht hinaus kommen. Eine Beratung mit architektonischer Qualität findet dort meist nicht statt – und das zu einem Preis, zu dem man auch einen „richtigen“ Architekten bekommen kann. Denn der macht ein Bauvorhaben nicht teurer, sondern durch seine Beratung und Erfahrung vor allem wertvoller.
Nun gut. Jetzt soll es aber unbedingt der Erker sein, und auch die Dachgaube, der Carport und die Veranda, und so weiter und so fort. Bleibt da für den Architekten überhaupt noch Spielraum für gute Architektur? Ganz bestimmt, denn genauso wie Fertighaus-Anbieter sagen: „Geben Sie uns Ihren idealen Grundriss, wir machen dann ein Haus im nordischen Stil daraus. Oder lieber im französischen oder bayrischen Stil?“ Genauso kann ein Architekt sagen: „Wir reden über Ihre Wünsche und Träume, und ich mache Ihnen einen Vorschlag, der zu Ihnen passt.“ Liebe zukünftige Bauherren, denkt gut darüber nach, an wen ihr euch wendet, wenn ihr bauen wollt. Denn die Planungsphase ist die wichtigste im Bauprozess. Später dann wird nur noch ausgeführt.
Ob ein Gebäude am Ende gut oder nicht gut ist, muss und kann letztendlich nur der Bewohner selbst beurteilen, wenn er irgendwann darin wohnt. So gesehen sollte jeder Architekt eigentlich jedes von ihm geplante Haus einen Monat lang selbst bewohnen, um seine Arbeit überprüfen zu können. Doch auch er würde nur zu einer anderen Beurteilung kommen als der Bauherr. Gestaltung ist eben Geschmacksache, und Bauen ist immer auch ein bisschen ein Abenteuer mit ungewissem Ausgang.
10. Mai 2012 18:51
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